Eine der Möglichkeiten, wie ein menschliches Gehirn wieder sein emotionales Gleichgewicht findet, ist Begleitung. Die Präsenz eines Menschen, von dem wir annehmen, dass er uns mag. Sogar körperlicher Schmerz und das Gefühl der Anstrengung im Leben wird durch Präsenz eines anderen gemindert. Was aber tun, wenn niemand in unserem Umfeld da ist, uns voller Wärme und Güte zu begleiten?

Dass auch ein Tier ein Begleiter sein kann, wissen alle Hundebesitzer. Nur: Was tun jene, die keinen Hund haben?

Hier ist die gute Nachricht: Denn nicht nur eine tatsächliche Begleitung kann helfen, sondern auch vorgestellte. Das zeigen die Arbeiten von James Coan („The social regulation of emotion“ in „The Oxford Handbook of Social Neuroscience“). Die folgende Geschichte, die du vielleicht kennst und die mich immer wieder berührt, mag dieses Phänomen demonstrieren.

Der Traum

Meine Geschichte handelt von einer Person, die im Traum auf ihr Leben zurückblickt und ihr Leben wie eine Spur im Sand verlaufen sieht. Auf weiten Strecken verläuft neben ihrer Lebensspur einer weitere Spur. Auf ihre Frage, wessen Spur das sei, bekommt sie die Antwort: diese Spur  ist die Spur ihres Begleiters. Die Person ist ganz berührt bei dem Gedanken, dass immerzu ein Begleiter an ihrer Seite geht und sie durch die Höhen und Tiefen ihres Lebens begleitet. Auf einmal wird die Person ganz traurig. Sie bemerkt, dass in den schwierigsten Phasen ihres Lebens nur eine Fußspur sichtbar ist. Ausgerechnet in all jenen Augenblicken, wo sie es am Notwendigsten gebraucht hätte! Wieder fragt sie im Traum, warum sie denn da alleingelassen wurde. Genau zu den Zeiten, wo sie sich am allermeisten Begleitung gewünscht hätte. Und ganz sanft kommt die Antwort: „Ich habe dich nie allein gelassen. Da habe ich dich getragen.“

Wie geht es dir beim Lesen der Geschichte?

Auch wenn du vielleicht nicht an Gott, an ein höheres Wesen oder an Engel glauben kannst, vielleicht gibt dir diese Vorstellung ein Gefühl von Sicherheit und Trost. Ein anderer bekannter Neurobiologe, Stephen Porges, erklärt dieses Phänomen u.a. mit der Aktivierung des ventralen Vagusnervs und spricht vom Zustand des „sozialen Engagements“. Die Informationen zwischen Gehirn und Körper können schneller fließen und unser Gehirn kann mit unseren komplexen Emotionen leichter Schritt halten. Und du kannst dieses Gefühl von tatsächlicher, körperlicher Entspannung jederzeit durch die Vorstellung eines Wesen, dass dich liebevoll begleitet, in dein Leben holen. Erstaunlich, nicht wahr?

Und vielleicht ist diese Vorstellung sogar mehr als nur deine Vorstellung?