Die Giraffe wird in der GFK nicht als „gut“ angesehen und der Wolf nicht als „böse“. Die meisten Menschen wissen, dass der Wolf ein sehr soziales Verhalten zeigt, das im Rudel lebt. Und sein Sozialverhalten wollen jene, die die GFK benutzen, dem Wolf auf keinen Fall absprechen.
Gerade diese Einteilung in unserem Denken in „gut“ und „böse“ ist es, die die allermeisten Konflikte hervorruft. Die beiden Tierfiguren wurden von Marshall Rosenberg eingeführt, um Unterschiede in der Haltung vor allem für Kinder klar und einfach verständlich zu machen.
Etiketten
Bevor ich diese Tierfiguren in einem Seminar vorstelle, zeige ich meist an Hand einer Übung was passiert, wenn wir Bewertungen, Urteile, auch Vorurteile, im Umgang mit anderen Menschen aussprechen- oder auch nur im Kopf haben. Rosenberg spricht von „Etiketten“. Und er nennt auch Begriffe wie „faul“ oder „dumm“ Etiketten. Die meisten Menschen merken sofort, dass solche Urteile die Verbindung nicht unterstützen. Weil andere dadurch Kritik hören und sich dagegen wehren. Jemand, der Etiketten benutzt, tut sich seinerseits auch schwer, sein Gegenüber als Mensch wahrzunehmen, der sich in einem ständigen Wandel befindet. Die GFK regt dazu an, Beobachtungen und Bewertungen nicht im gleichen Atemzug zu bringen und nicht zu vermischen. Auch wird ermutigt zwischen persönlichen Einschätzungen auf der Grundlage von konkreten Beobachtungen („Ich finde deine neue lila Haarfarbe passt nicht zu deinem Job als Bankangestellte.“) und moralischen Bewertungen („Mein Gott, ist das hässlich!“) zu unterschieden.
Was bedeuten die beiden Tierfiguren?
Um auszudrücken, dass ein Mensch sich in einer Situation zuallererst um Verständnis und Verbindung bemüht und zu diesem Zweck die GFK verwendet, wird von manchen GFK-Trainerinnen oder -AnwenderInnen diese Haltung als „Haltung der Giraffe“ bezeichnet. Deshalb wird die GFK auch manchmal „Giraffensprache“ genannt. Ein Mensch, dem Verbindung in der entsprechenden Gesprächssituation egal ist, zeigt in dem Moment eine „Haltung als Wolf“.
Es ist wichtig zu verstehen, dass jemand keine „Giraffe“ oder kein „Wolf“ ist, weil das eine statische Zuschreibung, eine Festlegung wäre. Und so etwas wie „reine“ Giraffen und „reine“ Wölfe gibt es schon gar nicht. Wir befinden uns alle in jedem Moment irgendwo dazwischen. Abhängig vom Kontext und unserer Tagesverfassung verändert sich unser Verhalten und unsere Haltung von einer Sekunde auf die nächste. Ich selbst bin manchmal ziemlich „wölfisch“ (sprich anklagend) unterwegs! Selbst Marshall erwähnte einmal scherzhaft, er habe in seinem ganzen Leben nur eine einzige Person gesehen, die wirklich wie eine Giraffe war. Und diese Person wäre taubstumm gewesen!
Achtung!
Für viele ist es sehr herausfordernd, ihre Sprache von vorgefassten Kategorien zu befreien. Das Bild der Giraffe bzw. des Wolfs wird dann als Vorwurf oder Drohung verwendet: „Das war jetzt aber nicht die Giraffensprache!“ „Du führst dich gerade wie ein Wolf auf!“
Deshalb verwenden manche GFK-TrainerInnen diese beiden Tierfiguren in ihren Trainings nicht – auch weil diese „Puppenspielerei“ mitunter als „nicht businesstauglich“ und „kindisch“ angesehen wird. Ich verwende das Bild der Giraffe und des Wolfs in meinen Trainings schon. Ich versuche damit die spielerische Haltung der GFK zum Ausdruck zu bringen und damit etwas Leichtigkeit in das schmerzhafte Thema Konflikte.
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